Die Beerensammler von Wendt und Kühn
1913 beteiligt sich Grete Wendt an einem Wettbewerb des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz für "Gute Reiseandenken" und gewinnt den zweiten Preis. Ihre Figurengruppe "Beerenkinder" in bemalter Spanschachtel erntet begeisterten Beifall. Ein Jahrhundertentwurf! Noch mit Brettchenarmen versehen, aber ansonsten schon typisch "Wendt", erobern die drei kleinen Erzgebirger die Herzen im Sturm. Nachdem Aufnahmen der prämierten Werke in zahlreichen Zeitschriften erscheinen, gehen dringende Bestellungen - hauptsächlich von figürlichen Holzarbeiten - bei Grete Wendt ein. Einer der ersten und dann auch treuesten Auftraggeber ist und bleibt der Landesverein Sächsischer Heimatschutz.
Mit den preisgekrönten "Beerenkindern" war der Grundstein für den guten Kontakt zum Landesverein Sächsischer Heimatschutz gelegt. So entschließt sich Grete Wendt, im Dezember 1915 den Verkaufsstand des Heimatschutzes auf der Dresdner Weihnachtsmesse im alten Ständehaus für ihre Kreationen zu nutzen. Im Frühjahr 1916 beschicken die Werkstätten "M. Wendt & M. Kühn" dann erstmals einen Messestand im Städtischen Kaufhaus Leipzig. Nie zuvor waren kunstgewerbliche Erzeugnisse dieser Art auf der Leipziger Messe gezeigt worden. Die Reaktionen bleiben nicht aus: Zahlreiche Zeitschriften, insbesondere der Deutsche Werkbund, würdigen die Grünhainichener Pionierarbeit mit großer Beachtung und Anerkennung. So fällt das Ergebnis des Messebesuchs überraschend gut aus. Die Aufträge beginnen, die Möglichkeiten der kleinen zwei Jahre später gegründeten Firma Wendt und Kühn zu übersteigen.
Der Formgestalter Helmut Flade aus Olbernhau über die „Beerenkinder" und ihre Schöpferin: Aus den Jahren meiner Kindheit haben sich zwei kleine, hölzerne, figürliche Gebilde erhalten, beide nur 8 Zentimeter und 10 Zentimeter groß: ein Mädchen, schmalschultrig, den kugeligen Kopf fürsorglich mit einem hölzern geformten Tuch umschlungen.
Der gewölbt-konische Drehkörper deutet auf wollenes Zeug, kurzstaksige Rundstabbeine stecken in viel zu großem Schuhwerk, zwei Brettchenarme, an Gliedmaßen alten Volksspielzeugs erinnernd, tragen schwer an gedrechselten, randvollen Krügen, um den Leib gegürtet ein Henkeltopf. Ähnlich der Junge: korb- und krugtragend, mit überlanger Hose, grob konturiert und mit allzu großem Hinterteil. Arme-Leute-Kinder im Sinne des Wortes, Kinder des Erzgebirges um die Jahrhundertwende, beerensammelnd und den wohlerworbenen Schatz sorgsam heimtragend in die Kargheit ihrer kleinen Welt. Diese Schöpfungen entstammen den Händen einer sensiblen Künstlerin, die in vielen Jahrzehnten ihres Wirkens weit über die Grenzen ihrer erzgebirgischen Heimat hinaus bekannt geworden ist: Grete Wendt. Die mir erhalten gebliebenen Gebilde nannte Grete Wendt "Heidelbeerkinder". Eigentlich sind es ihrer drei: Die dritte Figur, kleiner noch und pummeliger... zeigt deutlich die Nachbarschaft Grete Wendts zu den künstlerischen Auffassungen Ludwig Richters.
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