Reich bemalte Schmuckstücke von Wendt und Kühn
Grünhainichen, April 1936. Olly Wendt bemalt einen großen Engel, dessen Form von ihrer Schwägerin Grete entworfen wurde. Der Engel ist eine farbenfrohe Erinnerung an ihre baltische Heimat. Mit üppiger, goldfarbener Bemalung. Und mit einem Kleid, in dem sich jeder Lichtstrahl wie in den weich fallenden Falten einer edlen Seidenrobe spiegelt. In den darauffolgenden Jahrzehnten entstanden viele weitere Färb- und Dekovarianten, deren typisches Merkmal der Figurengruppe ihren Namen verlieh: reich bemalte Engel.
Grünhainichen, Sommer 2012. Andrea Weber sitzt in der Malerei der Grünhainichener Werkstätten Wendt und Kühn, den Blick konzentriert. Mit lockerer Hand malt sie goldene Strahlen auf das in facettenreichen Grüntönen schimmernde Kleid des Engels, der ab 2012 gemeinsam mit einem orangefarbenen Engel ins Sortiment der Manufaktur zurückkehrt ist. Immer wieder wandert ihr Blick zum Muster, das direkt neben ihrem Arbeitsplatz steht. "Das Muster ist mein wichtigster Anhaltspunkt", sagt sie. "Schließlich soll jeder Strich genau so sitzen, wie ihn die Schöpferin entworfen hat." Mustertreue wird hier mit jedem Pinselstrich gelebt. Die wertvollen historischen Originale, die als Vorlage für die aktuellen Produktionsmuster dienen, stehen sicher verwahrt im großen Musterschrank. Zu ihm hat Katrin Wojtkowiak Zugang, die Hüterin des historischen Schatzes bei Wendt und Kühn. Sie war es, die aus der großen Zahl der reich bemalten Engel die beiden Färb- und Gestaltungsvarianten für die aktuelle Wiederauflage auswählte. Warum gerade Orange und Grün? "Ein Farbenspiel, das mich sofort gefangen genommen hat", erklärt Katrin Wojtkowiak. "Dieses prachtvolle Grün! Und das Orange passt wunderbar dazu. Aus der Vielzahl der orangefarbenen Originalmuster habe ich dasselbe Dekor wie beim grünen Engel ausgesucht, damit sich beide als Zweiergruppe dekorieren lassen."
Die Auswahl der passenden Vorlagen ist ein langer Prozess, der in einer gemeinsamen Entscheidung aller Fachabteilungen der Manufaktur mündet. Ist die Wahl getroffen, gilt es herauszufinden, wie das historische Produkt damals gefertigt wurde. Die größte Herausforderung beim reich bemalten Engel, so Katrin Wojtkowiak, sei es gewesen, die Bemalung des Kleides zu ergründen. Die Farbe des grünen Engels schimmert in allen Facetten des Grundtons, ein Farbenmeer von dunklem Moosgrün bis zu leuchtendem Aquamarin. In zahllosen Versuchen hat sie nicht nur den genauen Farbton, sondern auch die Technik des Farbauftrags von damals rekonstruiert. Damit die Engel mustergetreu wieder aufgelegt werden können. "Eine Knobelaufgabe", lacht sie. Gespräche mit älteren und ehemaligen Mitarbeitern gaben wichtige Hinweise.
Und wie entsteht sie nun, die aufwändige Bemalung? Andrea Weber aus der Malerei kennt die Antwort: "Der Schimmer entsteht durch die lasierende Farbgebung", erklärt sie. "Die Lasur wird in sechs Schichten aufgetragen. Jede Schicht wird von der Taille aus etwas kürzer gestrichen, so entsteht der weiche Fall. Je mehr Schichten übereinander liegen, umso intensiver wirkt die Farbe. So wird die Farbfülle langsam aufgebaut." Danach muss der Engel eine Woche warten, bis der bemalte Rock getrocknet ist. Nun geht es ans Dekor. Die goldene Farbe wird heute, genauso wie früher, aus Goldstaub-Puder mit Bronzeöl angerührt. Dies geschieht jeden Tag frisch, damit die Farbe ihr leuchtendes Strahlen entfaltet. Zuerst setzt die Malerin die Mittelpunkte, um die über 520 Strahlen angeordnet werden. "Abstände und Strahlenlänge müssen stimmen", betont Andrea Weber. "Dafür schaue ich mir das Muster immer wieder genau an." Jeder Engel wird - abgesehen vom Gesicht - komplett von einer Malerin bemalt. So entsteht eine persönliche Beziehung, die dem Engel seine Seele gibt. Wie damals bei Olly Wendt.
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